Umsatzzuwächse von bis zu 200 Prozent bei Einmalgeschirr und -verpackungen aus Pflanzenstärke: Bert Kantelberg, CEO von PAPSTAR, sieht im geschärften Umweltbewusstsein der Verbraucher eine große Chance für sein Unternehmen. Eine Herausforderung ist, die Einmalprodukte ins rechte Licht zu rücken.
"Einweg" klingt für manchen danach, dass das betreffende Produkt nur einen Weg kennt - nämlich den Weg in den Abfall. Ist das falsch?
Niemand produziert für die Mülltonne. Das ist ganz sicher eine falsche Wahrnehmung. Deshalb sprechen wir bei unseren Produkten lieber von Einmalgeschirr und Einmalverpackungen. Diese dienen in erster Linie der Sicherheit sowie der Hygiene und damit der Gesundheit der Verbraucher. Wie sinnvoll das ist, führt uns allen gerade die aktuelle Pandemie-Situation nochmals leidvoll vor Augen. Einmalgeschirr ist jedenfalls immer dort unverzichtbar, wo viele Menschen zusammenkommen.
Wie ist diese Unverzichtbarkeit zu begründen?
Teller aus Karton können - nehmen wir mal den Fall, dass sie am Wochenende bei einer Sportveranstaltung verantwortungslos in Richtung Spielfeld geworfen werden - niemanden verletzen, Pappbecher können in Schwimmbädern nicht zu Bruch gehen. So muss, anders als bei Gläsern, niemand in Scherben treten. Es gibt viele gute Gründe für Einmalgeschirr und -verpackungen. Wenn beim Pfarrfest das Bierglas zigmal nur kurz gespült und dann wiederverwendet wird, ist das nicht so hygienisch. Man darf außerdem nicht vergessen, dass beim Spülen von Mehrweggeschirr Ressourcen verbraucht und Tenside genutzt werden, das ist dann nicht unbedingt umweltfreundlich.
Inwiefern ist ein geschärftes Umweltbewusstsein der Verbraucher auch als Chance für einen Produzenten von Einmalgeschirr zu sehen?
PAPSTAR hat seine Wurzeln in der Kartonproduktion. Wir verwenden nachwachsende Rohstoffe schon lange. Viele Jahre haben wir immer wieder versucht, sukzessive mehr Produkte aus Karton statt aus Kunststoff anzubieten. Wir sind aber jeweils schnell am Preis gescheitert. Im Preisvergleich zwischen Karton und Kunststoff zieht Karton immer den Kürzeren. Kunststoffe sind einfach günstiger zu produzieren. Nun wächst gerade bei Verbrauchern das Verlangen nach Alternativen zu Kunststoff. Wir erleben die Nachfrage danach beispielsweise bei unserem Partner 'Street Food Festival'. Es bewegt sich etwas und darin sehen wir eine große Chance. Karton ist dabei aus unserer Sicht das beste Ausgangsmaterial: Die Bäume wachsen hier, werden hier verarbeitet. Also gibt es auch weniger Umweltbelastung beispielsweise durch den Transport.
Sie bieten ihr Produkte verstärkt auch aus Palmblatt, Bambus, Zuckerrohr, Mais und seit kurzer Zeit sogar aus Agrarresten an. Sind die gefragt?
Die Nachfrage ist gigantisch. Der Umsatz wächst in diesen Bereichen teilweise um bis zu 200 Prozent. Im Segment der Becher sind vor allem solche aus PLA (Polylactide, umgangssprachlich auch Polymilchsäuren, auf Maisstärke basierend, Anm. d. Red.) gefragt; bei diesem Material aus nachwachsenden Rohstoffen bemerkt man in Bezug auf Optik und Verwendung eigentlich gar keinen Unterschied zum herkömmlichen Kunststoff. Bei Verpackungen geht der Trend zu Karton und Zuckerrohr. Und beim Besteck bieten wir inzwischen erfolgreich Lösungen aus mehrlagigem Papier an. Das ist sehr stabil und funktioniert viel besser, als man vielleicht denkt. Große Teile unseres Sortiments sind bereits vollumfänglich aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt.
Und was passiert, wenn diese Produkte einmal genutzt worden sind?
Wir haben in diesem Zusammenhang vor zwei Jahren die PAPSTAR Solutions GmbH gegründet. Diese hat sich zum Ziel gesetzt, Kreislauflösungen für unsere Produkte zu schaffen und diese für unsere Kunden bereitzustellen. So setzen wir zum Beispiel für die Entsorgung in unserer unternehmenseigenen Kantine bereits seit Jahren eine Kompostiermaschine ein, wobei man auch von einem Biokonverter sprechen kann. Dabei werden unser Einmalgeschirr aus nachwachsenden Rohstoffen sowie Küchenabfälle und Essensreste in den Biokonverter eingefüllt. Zur Zersetzung werden Mikroorganismen aktiv; schließlich wird das verbleibende Material hygienisiert. Der so aufbereitete Wertstoff wird schließlich in der Produktion einer nahegelegenen Pappenverarbeitung wiederverwendet, so dass der Wertstoffkreislauf geschlossen ist.
Ein weiteres Beispiel sind unsere PLA- beziehungsweise Maisstärke-Becher aus der Sortimentslinie 'pure': Die Becher werden, wenn sie im Rahmen einer Veranstaltung eingesetzt werden, bepfandet - damit sie exakt dahin zurückkommen, wo sie befüllt und in Umlauf gebracht worden sind. PAPSTAR nimmt die gebrauchten Becher zurück und gemeinsam mit einem Recyclingpartner erfolgt eine Wiederaufbereitung. Dabei werden die Behältnisse zu PLA-Granulat verarbeitet, welches wiederum zur Herstellung neuer biobasierter Kunststoffprodukte eingesetzt wird. Diese Beispiele zeigen, bei Einmalprodukten muss kein Müll entstehen.
Wie kann die Kreislaufwirtschaft noch gestärkt werden?
Um die Abfallproblematik besser in den Griff zu bekommen, ist vor allem die Politik gefragt. Ich denke zum Beispiel nicht, dass wir unseren Müll nach Übersee verschiffen sollten. Wir müssen uns selbst darum kümmern! Jedenfalls unternehmen wir im Rahmen unserer Sortimentsgestaltung alles dafür, möglichst geschlossene Wertstoffkreisläufe zu schaffen.
Über packaging-360.com und die FACHPACK
packaging-360.com (www.packaging-360.com), eine Kooperation von dfv Mediengruppe (Deutscher Fachverlag GmbH, www.dfv.de) und der FACHPACK, ist das Premium-Themenportal für Konsumgüter, FMCG (Fast Moving Consumer Goods), Handel und Verpackung. Es vernetzt Experten und informiert über Verpackungslösungen, Trends und Innovationen.
Die FACHPACK (28. bis 30. September 2021, Messezentrum Nürnberg, www.fachpack.de) ist die Europäische Fachmesse für Verpackung, Technik und Prozesse. An drei kompakten Messetagen präsentiert sie in Nürnberg ihr umfassendes Fachangebot rund um die Prozesskette Verpackung für Industrie- und Konsumgüter. Mit ihrem Messeportfolio aus den Bereichen Packstoffe und Packmittel, Packhilfsmittel, Abfüll- und Verpackungsmaschinen, Etikettier-/ Kennzeichnungs-/ Identifikationstechnik, Maschinen und Geräte in der Verpackungsperipherie, Verpackungsdruck und -veredelung, Palettiertechnik, Intralogistik sowie Services für die Verpackungsindustrie ist die FACHPACK der Branchentreff des europäischen Verpackungsmarktes. Sie zieht Fachbesucher aus allen verpackungsintensiven Branchen an, zum Beispiel Lebensmittel, Getränke, Genussmittel, Pharma, Kosmetik, Chemie, Health Care, Non Food, Tiernahrung, Automotive, technische Artikel, Medizintechnik sowie weiterer Konsum- und Industriegüter.