StoryTeller - Das Online-Magazin von PAPSTAR
Plötzensee Berlin
Da der Plötzensee im Wedding (740 Meter lang und 150 Meter breit) als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen ist, ist der Besuch des Strandbads der einzig legale Weg, um im See zu baden. Das Bad gehört den Berliner Bäder-Betrieben, die es seit nunmehr gut 15 Monaten an die Nordufer Event GmbH verpachtet haben. An Spitzentagen kommen etwa 10.000 Besucher in das Bad, in Coronazeiten sind derzeit in Absprache mit dem zuständigen Gesundheitsamt bis zu 4200 gestattet. (Fotos: Bernd Born)
Bernd Born - 07.08.2020

Plötzensee Berlin Nordufer-Team haucht Traditions-Strandbad neues Leben ein - "Becherfrage" neu geklärt

Schillernde Hauptstadt, pulsierende Millionenmetropole, geschichtsträchtiger Ort - kann uns vielleicht irgendjemand mal verraten, warum wir uns immer ein kleines bisschen wie erschlagen und vergleichsweise auch eingeschüchtert fühlen, wenn wir am ehemaligen Checkpoint Bravo (Dreilinden) die Berliner Stadtgrenzen passieren? Berlin ist Berlin, eine Größenordnung für sich. 3,7 Millionen Menschen leben hier; sechs Millionen sind es, wenn man den Bogen zur sogenannten Metropolregion Berlin/Brandenburg spannt. Die einwohnerreichste Stadt der Europäischen Union hält fortlaufend neue, nicht immer einfach einzuordnende Eindrücke parat - gedanklich flankiert von Peter Fox' "Schwarz zu Blau" als (nach wie vor) ungefragtem Wegbegleiter.

Nun gut, es dürfte mittlerweile hinlänglich bekannt sein, dass wir unseren europaweit vernetzten (PAPSTAR-)Unternehmenssitz in beschaulicheren Sphären haben, in der Region Eifel arbeiten und auch leben - von daher sollten wir erst gar nicht mit einer allzu üppigen Antwort auf die eingangs gestellte Frage, oder ist es eine Mutmaßung, rechnen.

Zurück auf Anfang: Wir tauchen ein in den Großstadt-Dschungel und erreichen zügig unser Tagesziel, den nordöstlich des Berlin-Spandauer Schifffahrtskanals am Volkspark Rehberge gelegenen Plötzensee auf der Grenze der Stadtteile Wedding und Moabit, 7,85 Hektar groß und bis zu sieben Metern tief. An der grünen Lunge Berlins machen seit nunmehr gut 15 Monaten zwei gleichermaßen wild entschlossene wie engagierte Pärchen von sich reden, die dem Strandbad und damit einem 62.000 Quadratmeter großem Areal im wahrsten Sinne des Wortes neues Leben eingehaucht haben.

 

Berliner Bäder-Betriebe vom Konzept überzeugt

"Es war mehr Zufall", berichtet unsere Verabredung Florian Menke nur kurze Zeit später bei einem kühlen Radler an der Beachbar: "Als das Strandbad 2018 bei den Berliner Bäder-Betrieben zur Ausschreibung stand, haben wir ein Konzept für die Traditions-Stätte eingereicht und ziemlich unverhofft gewonnen." Mit "wir" meint der 34-Jährige, der sich im eigentlichen Arbeitsleben als Außendienstler der Lieferung und Abholung von Speise- und Frittierölen im Gastronomiesegment widmet und nur wochenends zum "Strandbad-Team" stößt, seine Partnerin Katharina Zahn (35), deren Freundin Šemsa Bostandzija (37) und last but not least deren Lebenspartner Michel Verhoeven. Letzterer, ein 52-jähriger Niederländer, ist es auch, der die Geschäftsführung der neu gegründeten Nordufer Event GmbH (Bewirtschaftung und bauliche Unterhaltung des Freibades Plötzensee Berlin-Wedding, Planung und Durchführung von Veranstaltungen jeglicher Art, Verkauf von Speisen und Getränken) gemeinsam mit Katharina Zahn übernommen hat.

 

30 Container Müll und Unrat abtransportiert

Doch bevor man auch nur ansatzweise an die konkrete Umsetzung von Ideen denken konnte, war Knochenarbeit angesagt. Der Vorpächter hatte das gesamte Gelände mit dem denkmalgeschützten Backstein-Badehaus aus den 1920er Jahren komplett verwahrlosen lassen. "Mit der Hilfe von ungefähr 30 Mitarbeitern und rund 200 Freiwilligen - Familie, Freunde und sonstige Helfer - sind 30 Container voll von Müll, Unrat und Laub eingesammelt und abtransportiert worden", erzählt Michel Verhoeven: "Zudem haben wir unsere gesamte Kraft in die Säuberung des Badebereichs gesteckt!" Mit Erfolg, das Strandbad zeigt sich im Hochsommer 2020 in einem sehr vorzeigbaren Zustand. Ufer- und Wasserpflege, schiebt Florian Menke ein, seien ständige Wegbegleiter: "Wir sind selbst überrascht, wie schnell diese Algen im See nachwachsen können."

Eine komplette Sanitärbereich-Renovierung und kilometerlange Neuverkabelung weiter kümmern sich nun zwei weitere Festangestellte (Tamai Jebsen-Marwedel und Tamara Mehrer) sowie über 60 Minijobber und Aushilfen darum, dass das ursprünglich zurechtgelegte Konzept tagtäglich mit immer mehr Leben erfüllt werden kann - vom eigentlichen Badebetrieb über die Beachbar/Gastronomie mit chilligen Lounges, Sportveranstaltungen (Schwimmen, Strandfußball, Beachvolleyball, Stand-Up-Paddling), Firmenveranstaltungen und Hochzeiten bis hin zu kleineren "coronatauglichen" Live-Musik-Veranstaltungen, DJ-Gigs und neuerdings auch bis zu 70 Wohnmobil-Stellplätzen mit optimalen Abstandsbedingungen. "Letztere haben wir ganz kurzfristig in unser Portfolio mit aufgenommen, weil die Nachfrage in Pandemiezeiten kaum in den Griff zu bekommen ist", so Michel Verhoeven, der zuvor über 25 Jahre lang eine Strandbar außerhalb von Amsterdam betrieben hat, die "Woodstock 69".

 

Momentan 4200 Badegäste zugelassen

Überhaupt Corona: 4200 Badegästen darf man derzeit in Absprache mit dem zuständigen Gesundheitsamt Einlass gewähren. Das ist nicht mal die Hälfte von dem, was in "normalen Zeiten" möglich wäre. "An kühleren Tagen traut sich kaum einer und an den Tagen, an denen wir Geld verdienen könnten, dürfen wir nicht genug rein lassen", verdeutlicht Florian Menke das momentan vorherrschende Dilemma. Dennoch sei man weit davon entfernt, alles schwarzmalen zu wollen, "unser Konzept ist auf zehn Jahre ausgelegt und das Feedback, das uns täglich erreicht, bestärkt uns in dem Glauben, mit der Übernahme des Strandbades genau den richtigen Schritt getan zu haben." Die entschlossene und unkomplzierte Umsetzung von Ideen - so unser Eindruck bei einem ausgiebigen Rundgang - dürfte wohl das größte Pfund sein, mit dem das Nordufer-Event-Team zu wuchern weiß. Ein maritim gestaltetes Café mitsamt Terrasse kommt dabei ebenso gut an wie der stark frequentierte Imbiss oder die der "Berliner Kultur" Abhilfe schaffende Outdoor-Theaterbühne.

 

Umstellung auf hygienische Einwegbecher aus Maisstärke

So konnte die auch die "Becherfrage" für kühlende Getränke rund um den See unter hygienischen und nachhaltigen Gesichtspunkten nicht nur neu bewertet, sondern mit Hilfe von PAPSTAR-Außendienstler Guido Lanfermann ebenso zügig wie konsequent geklärt werden. "Wegen Corona verzichten wir auf wiederverwendbare Trinkbecher und haben Dank PAPSTAR einen Maisstärke-Einwegbecher (PLA - Polylactide, PAPSTAR pure - Artikelnummer 87486) gefunden, der umweltverträglich recycelt werden kann. Danke dafür!", lautete der Original-Instagram-Post vom 27. Mai 2020.

Seither hat sich das gemeinschaftlich ausgetüffelte System bestens bewährt. "Damit die gebrauchten Becher - bis zu 10.000 pro Tag - nicht achtlos weggeworfen werden, haben wir uns für ein Pfand in Höhe von einem Euro entschieden", erklärt Florian Menke: "Das wird im Sinne der Umwelt durchgängig akzeptiert, die Leute machen bereiwillig mit!" PAPSTAR nimmt sie dann gestapelt und in gleicher Weise zurück, wie sie auch angeliefert worden sind - im Karton mit je 16 Stangen zu 70 Bechern. Dadurch sind keine zusätzlichen Fahrten nötig und es fallen keine unnötigen CO₂ -Emmissionen an. Das Prinzip vereinfacht dargestellt: Neue Becher kommen an, alte werden mitgeholt.

Die Einmalbecher mit geringfügigen Getränkeresten werden schlussendlich in einem kooperierenden Recyclingunternehmen noch einmal final sortiert (zur gänzlichen Vermeidung von Störstoffen), gemahlen und gewaschen, um als PLA-Pellets (Polylactide) zur Herstellung anderer biobasierter Kunststoffe wiederverwendet werden zu können. "Wir sind sehr glücklich mit dieser Lösung", so der gastronomieerfahrene Menke: "Und ich bin jedes Mal aufs Neue überrascht, wie lecker doch so ein Bierchen oder Radler aus einem vor Kälte beschlagenem Becher schmeckt!"

Neben dem geschlossenen Kreislaufsystem "Becher" testen PAPSTAR und die Nordufer Event GmbH zusätzlich das Modell "Kompostierung" rund um eine im Eingangsbereich an den Zwillingstürmen platzierte GG10-Maschine von Oklin (www.papstar-solutions.de). Diese verwendet mikrobiologische Technologien in einer Kompostierkammer, um organische Abfälle oder auch biologisch abbaubares Einmalgeschirr zu einem Bodenersatzstoff zu verarbeiten und das Volumen innerhalb von 24 Stunden bis zu 90 Prozent zu reduzieren.

 

Pizzeria setzt auf Pappteller und Papierkreislauf

Ein Procedere, das auch David Schröder auf den Plan gerufen hat. Gemeinsam mit Francesca Leone und Alexandre Cabral betreibt der junge Mann, der auf ein abgeschlossenes Bachelorstudium "Technischer Umweltschutz" verweisen kann, die "Pizzeria/Cucina Inflagranti" in zwei liebevoll ausgebauten und hergerichteten Seecontainern innerhalb des Strandbades. Nicht nur, dass die Steinofen-Pizza in allerlei vegetarischen und veganen Ausführungen verboten gut schmeckt, auch das angestrebte Abfallsystem könnte umweltfreundlicher kaum sein. Der große Pizza-Pappteller (Frischfaserkarton, PAPSTAR pure - Artikelnummer 84605) ließe sich zum einen in besagter Maschine kompostieren; Schröder setzt allerdings auf "Variante B": Zwischen Teller und Pizza kommt ein Pergamentersatzpapier, so dass dieses gemeinsam mit dem Pappteller (dadurch nahezu gänzlich ohne Lebensmittelanhaftungen) über seperate Tonnen dem Papierkreislauf zugeführt werden kann. Vorbildlich!

 

Auerbach, Weissmüller und Köpenickiade

Der Plötzensee. Natürlich ist uns in vielen Gesprächen auch nicht verborgen geblieben, dass dieser Ort vor Geschichte nur so trieft. 1877 gründete der Turn- und Fechtlehrer Wilhelm Auerbach, Namensgeber des gleichnamigen Saltos, hier das Strandbad - mit einem Schaufelrad, das Wellen im Wasser erzeugte. Und auch der mehrfache Olympiasieger und Tarzan-Darsteller Johnny Weissmüller soll in der "Plötze" (benannt nach dem gleichnamigen Karpfenfisch) schon seine Bahnen geschwommen haben. Viele Gräueltaten zur Zeit des Nationalsozialismus ranken um das unmittelbar anliegende und zu seiner Zeit als Hinrichtungsstätte genutzte Strafgefängnis Berlin-Plötzensee - und ja, auch diese weitaus angenehmer zu erzählende Geschichte: In der zusammengekauften Uniform eines Hauptmanns des preußischen 1. Garde-Regiments zu Fuß soll Fabrikschuster Wilhelm Voigt am 16. Oktober 1906 nahe der damaligen Militärbadeanstalt Plötzensee im Westen Berlins mittags zur Zeit des Wachwechsels auf der Straße einen Trupp Gardesoldaten (sogenannte "Maikäfer") angehalten haben, ließ noch einen zweiten Trupp abgelöster Wachsoldaten vom Schießstand des 4. Garde-Regiments herbeirufen und unterstellte zehn oder elf Mann unter Hinweis auf eine nicht existierende Kabinettsorder "auf allerhöchsten Befehl" seinem Kommando. Mit ihnen rückte Voigt dann in das Rathaus der Stadt Cöpenick bei Berlin ein, verhaftete den Bürgermeister und raubte die Stadtkasse. Der Vorfall sollte weltruhm erlangen, ging als Köpenickiade in den Sprachgebrauch ein und diente Carl Zuckmeyer als Vorlage für seine Komödie "Der Hauptmann von Köpenick".

 

Projekt "Plötzensee" nötigt allerhöchsten Respekt ab

Nun also "grüne Lunge" inmitten einer nie zur Ruhe kommenden Stadt, in der ein "Querschnitt der Berliner Bevölkerung" - vom Banker bis zum Arbeitssuchenden, vom Migranten und Flüchtling bis zum alteingesessenen Charlottenburger - nach Abkühlung sucht. Das Projekt, welches das Nordufer-Team um Michel Verhoeven, Šemsa Bostandzija, Katharina Zahn und Florian Menke da losgetreten hat, nötigt uns allerhöchsten Respekt ab! Weil: Berlin ist Berlin! Und wir sind immer noch der Meinung, dass hier die Uhren ein klein wenig anders ticken! Oder wie es Peter Fox treffend für den neuen Tag formuliert: "Doch die Sonne geht gerade auf; und ich weiß, ob ich will oder nicht, dass ich dich zum Atmen brauch'!"

 

Kontakt

Strandbad Plötzensee - Berlin-Wedding, Nordufer Event GmbH - Geschäftsführer: Katharina Zahn und Michel Verhoeven, Nordufer 26, 13351 Berlin, Telefon: +49 (0)30 859 75 330, E-Mail: infoploetzensee.de, Internet: www.strandbad.ploetzensee.de

 

Ich bin jedes Mal aufs Neue überrascht, wie lecker doch so ein Bierchen oder Radler aus einem vor Kälte beschlagenem Becher schmeckt!

Florian Menke - 31.07.2020
Plötzensee Berlin
Plötzensee Berlin
Aus einer Sportanlage des Heeres wurde 1891 das erste Schwimmbad am Plötzensee. Das Eingangsgebäude des Freibads wurde von 1926 bis 1928 erbaut und steht unter Denkmalschutz.
Plötzensee Berlin
Ein Strandbad mitten in Berlin: Im Umkreis von rund fünf Kilometern um den Plötzensee wohnen und leben rund 400.000 Menschen.
Plötzensee Berlin
Kein Plastik! Die neuen PLA-Becher (Polylactide) der Strandbad-Gastronomie basieren auf Maisstärke. Aufgrund der hohen Stückzahl - bis zu 10.000 Becher täglich - hat man sich gemeinsam mit PAPSTAR für ein zweckdienliches, die natürlichen Ressourcen schonendes Recyclingmodell entschieden.
Plötzensee Berlin
Die vor Kälte beschlagenen Becher aus einem nachwachsenden Rohstoff kommen bei den Badegästen toll an - mit einem leckeren Radler befüllt allemal! ;-)
Plötzensee Berlin
Ein Euro Pfand für ein funktionierendes Recyclingsystem - auch im Berliner Strandbad Plötzensee kein Problem!
Plötzensee Berlin
Chillig: Die Strandbar mit anliegendem Loungebereich.
Plötzensee Berlin
Nach dem Einsammeln werden die gebrauchten Bechern gestapelt, um kartonweise auf den Weg zum Recyclingunternehmen geschickt werden zu können. Das umweltfreundliche Prinzip: Neue Becher kommen an, alte werden mitgeholt.
Plötzensee Berlin
Das Team der "Pizzeria/Cucina Inflagranti" um Francesca Leone und David Schröder (rechts); Pappteller und Pergamentersatzpapier werden dem Papierkreislauf zugeführt.
Plötzensee Berlin
Testlauf: Eine Oklin-Kompostiermaschine von PAPSTAR (für Speise- und Küchenabfälle sowie Einmalgeschirr aus nachwachsenden Rohstoffen) steht im Eingangsbereich des Strandbades.
Plötzensee Berlin
Gute Nacht, Berlin! Morgen ist auch noch ein Tag ... ;-)